Nach dem letzten Gong ging »Golden« Jack Culcay auf die Knie. Man sah ihm die Erleichterung deutlich an. Gerade hatte der Halbmittelgewichtler zwölf Runden lang Vergangenheitsbewältigung gegen den Argentinier Guido Nicolas Pitto mit Bravour absolviert.
Das erste Duell der beiden hatte Culcay im April höchst umstritten verloren. Jetzt hat er sich in Oldenburg für die einzige Niederlage seiner bisherigen Profi-Karriere revanchiert. Die Punktrichter werteten 117:112, 115:113 und 115:113 einstimmig für Culcay. Dadurch holte er sich den Interkontinental-Titel des Verbands WBA zurück. »Ich habe sechs Monate für diesen Kampf trainiert und alles im Ring gegeben«, sagt der neue Champion. »Ich war diesmal deutlich aggressiver und wollte mehr gewinnen.«
Das gefiel auch Culcays Trainer Fritz Sdunek, der sagte: »Jack hat diesmal wesentlich klüger geboxt. Pitto ist ein typischer Argentinier und boxt im leidenschaftlichen Pampa-Stil. Er hat etliche Dinge weggesteckt.« Der Routinier sieht noch viel Potenzial bei Culcay: »Er war jetzt körperlich frischer, aber beim nächsten Mal wird es noch besser.« Sein Schützling war äußerst beweglich im Oberkörper, wich vielen Schlagversuchen Pittos aus. Der Argentinier schlug so reichlich Luftlöcher. Culcay punktete oft nah am Mann. ARD-Experte Henry Maske gefiel dies: »Jack war sehr aufmerksam und konzentriert. Die Verteidigungsbereitschaft war stark.«
Promoter Kalle Sauerland lobte: »Er hat in den letzten 20 Sekunden der Runden mehr Gas gegeben. Dadurch holte er sich Punkte. Der Sieger ist die Karriere von Jack. Die Niederlage und jetzt die Revanche sind Erfahrungen, die man mit Geld nicht kaufen kann. Er hat den Rückschlag wieder zurechtgerückt.« Culcays Top-Leistung verfolgten in der ARD starke 3,59 Millionen Fernsehzuschauer live.
Im Revanche-Kampf half Pitto auch ein kurioser Trick nicht. Dem Argentinier wurde in den Rundenpausen vom Trainer immer wieder Wasser in die Hose gegossen. Dadurch wurde der Ringboden nass und ein Werbeaufkleber in der Mitte des Seilgevierts immer rutschiger. »Pittos Trainer ist ein Fuchs«, sagt Culcay. »Ich bin bestimmt acht- bis zehnmal weggerutscht. Dadurch hat mir die Standfestigkeit für einige Angriffe gefehlt.« Der Ringrichter Terry O’Connor verwarnte Pitto sogar für die Wasser-Aktion.
Besonders schön für Culcay: Sein Vater Roberto stand diesmal wieder in seiner Ecke. »Beim ersten Kampf gegen Pitto konnte er aus gesundheitlichen Gründen leider nicht dabei sein«, sagt der Halbmittelgewichtler. »Ich habe mich sehr gefreut, ihn wieder dabei zu haben. Das gibt mir natürlich zusätzliche Sicherheit.«
Culcay soll demnächst erneut in den Ring. Das Ziel sind Kämpfe um EM und WM. »Aber im nächsten Kampf noch nicht«, sagt Sauerland. »Jetzt soll er noch einmal gegen eine andere Art von Gegner Erfahrung sammeln. Es war jetzt schon sehr gut, dass er dieses Jahr zweimal über zwölf Runden gehen musste.«